Die Sache mit dem Geld
Kuba hat zwei Währungen: Den Peso (CUP) und den Peso Convertible (CUC). Als Ausländer kann man Geld in letzterer Form abheben oder tauschen. Diese CUC können anschließend in CUP getauscht werden. Der Wechselkurs ist mit 1:24 fest. Das ergibt:
- 24 CUP = 1 CUC = 0,75 EUR
- 1 CUP = 0,03 EUR
Den CUC gibt es seit 2004 und hat damals den Dollar als zweite Währung abgelöst. Hintergrund ist die Heranschaffung von Devisen aus dem Ausland, z.B. von Touristen. Museen oder Zirkusse gehen einigermaßen geschmeidig vor: Ausländer müssen einen anderen Preis bezahlen, der beim Zirkus mit 10 CUC (=240 CUP) deutlich über den drei CUP für Einheimische liegt. An den meisten anderen Orten existiert diese Teilung nicht und es gibt nur den hohen CUC-Preis. Die Parallelwährung erzeugt damit eine parallele Gesellschaftsstruktur: Währung mit CUP kaum mehr als Grundnahrungsmittel und Kleidung gekauft werden können, stehen einem mit CUC westliche Einkaufsmöglichkeiten offen.
Durch den Wechselkurs ergeben 600 EUR etwa 750 CUC. Bei Taxipreisen um 5 CUC und Restaurants bei 15-20 CUC wirkt Kuba ausgesprochen günstig. Für Kubaner sieht das allerdings anders aus: Ein Lehrer verdient 8 CUC pro Monat, ein Mediziner 25 CUC. Für meine 750 CUC müsste ein Arzt also 30 Monate lang arbeiten. Dummerweise muss er aber in der Zeit aber auch essen. Die 30 CUC werden also nach CUP getauscht und auf Märkten oder in Peso-Restaurants verbraucht. Eine Papaya kostet 20 Peso, eine Mini-Pizza 12 Peso. 720 Peso hätte ein Arzt pro Monat zur Verfügung, plus evt. staatliche Einkaufsmarken für Grundnahrungsmittel.
Das Ergebnis ist ein Turbokapitalismus: Die Kubaner versuchen verzweifelt, an die bessere Währung zu kommen. Lehrer fahren Taxi anstelle zu lehren oder zeichnen Bilder von Touristen, die sie ihnen dann für - aus Touristensicht - wenig Geld verkaufen. Oder es wird schlicht gebettelt: In offenen Restaurants und teilweise selbst in Warteschlagen hört man "Dinero dinero dinero" oder "Money Money Money" hinter sich murmeln. Eine andere Variante sind die Casa Particulares, bei denen 1-2 Zimmer des eigenen Hauses an Touristen vermietet werden. Der Staat möchte dafür pauschal 300 CUC pro Monat erhalten. Bei einem Preis von 25 CUC pro Tag muss das Zimmer folglich einen halben Monat belegt sein, damit kein Verlust gemacht wird. Bei einer vollen Belegung würden sich bis 462 CUC Gewinn machen lassen, zzgl. weiterer Nebeneinnahmen z.B. für das Frühstück.
Touristen sind gerade in den sanierten Bereichen Havannas kaum mehr als wandelnde Geldautomaten. Teils ist das selbst verschuldet: Ein CUC wird im Kopf schnell zu einem EUR und man verhält sich dementsprechend, gibt 1-2 CUC Trinkgeld oder kauft ein Bild für einen CUC ab - dafür müsste ein Lehrer fast zwei Tage lang arbeiten! Einer unserer Reiseführer erwähnte, dass man für eine Tagesleistung einen halben CUC Trinkgeld geben sollte. In Restaurants ist zudem gerne 10% Trinkgeld bereits aufgeschlagen. Wer sich wie Zuhause verhält und noch einige CUC drauf legt, der macht einen Kellner sehr glücklich und sorgt dafür, dass die normalen Berufe noch unattraktiver werden.
Die verschiedenen Wertigkeiten des Geldes führen außerdem dazu, dass Touristen für Kubaner Ereignisse entwerten. In einem eher teuren Restaurant kosten Essen und Cocktails insgesamt 30 CUC pro Person, knapp 23 Euro. Für uns, gerade im Urlaub, ein überschaubarer Preis, für Kubaner dagegen kaum erschwinglich. Dementsprechend gekleidet gehen die Kubaner in solche Restaurants und finden dann dort Touristen in kurzen Hosen vor… Leider wusste ich das im Vorfeld nicht und mir ist es auch erst im Laufe des Abends und in der Retrospektive bewusst geworden.
Der touristische Teil der Altstadt zeigt, wo Havanna in wenigen Jahren sein wird, wenn sich an der Doppelwährung nichts ändert: Eine große Einkaufsaltstadt, die nur dafür da ist, Touristen das Geld aus den Taschen zu pressen. Identitätslos und unangenehm. Allerdings wird daran gearbeitet, die Doppelwährung abzuschaffen. Wie genau ist noch unklar. Ich befürchte, dass es bereits zu spät ist. Der Kapitalismus ist bereits allerorten angekommen.