Dank Netflix konnte ich endlich die einzige mir noch in Vollständigkeit fehlende Star Trek-Serie abschließen: Enterprise. 100 Jahre nach dem ersten Warp-Flug macht sich die Crew um Captain Archer im ersten Warp-5-Schiff auf die Reise in das unbekannte Weltall.
Staffel 1
Die erste Staffel ist der übliche Gemischtwarenladen mit vielen Ausfällen nach oben und unten. Es startet immerhin mit drei gelungenen Folgen, nach denen dann eine der Star Trek-Sünden folgt: Das Away-Team landet irgendwo, muss Unterschlupf suchen und wird von irgendetwas befallen. Ein Setting, was in Enterprise leider noch häufig auftreten wird. Ähnlich wie in den ersten Voyager-Staffeln gibt es viele Episoden, die keine Auswirkungen auf andere haben und somit im Grunde überflüssig sind. Als erste Staffel allerdings durchaus passabel.
Staffel 2
Hier wird es schwierig. Mit mehreren Zeitreise-Folgen startet die Staffel spannend, driftet dann aber zügig in Belanglosigkeit ab. Ein Volk wird beschämt, weil der Hund vom Captain an einen Baum pinkelt? Eine Kolonie wird von einer handvoll Klingonen ausgeraubt? Die Crew ist bewusstlos und nur T'Pol bleibt übrig? Transporterschwierigkeiten? Nach Folge 12 konnte ich mir das nicht mehr anschauen. Evt. schaue ich einige der besseren Einzelfolgen noch einmal separat. Andorianer und Borg klingen vielversprechend.
Staffel 3
In Staffel 3 wird alles anders. Die beiden vorherigen Staffeln kann man getrost ignorieren und mit der letzten Folge von Staffel 2 starten: Hier wird der Xindi-Plot eingeführt. Die Serie wird düsterer und bewegt sich häufig jenseits der moralischen Grenzen, die die Grundpfeiler von Star Trek sind. Hier wird sich außerdem erstmals in Gebieten bewegt, die nicht von den Vulkaniern erfasst wurden. Es gibt somit viele neue Spezies zu bewundern und der Xindi-Plot wird, ähnlich wie bei DS9, durch nahezu jede Folge entwickelt.
Leider gibt es auch hier immer wieder Episoden, die die zweite Staffel so unerträglich gemacht haben, z.B. das Landen auf einem Planeten, dass das Away-Team genetisch verändert oder eine Western-Folge.
Staffel 4
Nach Ende des Xindi-Plots wird in Staffel 4 schnell noch alles erzählt, was zum Star Trek-Canon oder zu politischen und gesellschaftlichen Nachwirkungen gehört:
- Fremdenfeindlichkeit auf der Erde und Vulkan
- Eugenische Kriege
- Soong startet die Entwicklung an Data
- Suraks Geschichte (fühlt sich wie eine DS9-Episode auf Bajor an)
- Weshalb sahen die TOS-Klingonen anderes aus?
- Mirror Universe (leider ohne wesentliches Crossover)
Staffel vier ist nahezu rundum gelungen, wäre da nicht diese letzte Folge. Die Folgen 20 und 21 befassen sich mit der grassierenden Fremdenfeindlichkeit und bilden damit den Nebenplot zu Gesprächen, die später zur Bildung der Föderation führen werden. Folge 21 findet ein schönes Ende, welches das Staffelfinale hätte sein können (und wird auch in Büchern alternativ fortgeführt). Es folgt allerdings noch eine TNG-Episode mit zusammengestückelten Bruchstücken aus dem Holodeck, die die Enterprise nach zehn Jahren zeigen, einen Nebenplot mit Shran verfolgen, in denen ein Hauptcharakter einen völlig sinnlosen Tod stirbt (es gibt nicht einmal eine Abschiedsszene) und die in Archers Rede zur Gründung der Föderation münden. Ohne diese Rede zu zeigen. Diese Episode ist eine einzige Frechheit und das würdeloseste Finale, was sich die Autoren hätten ausdenken können!
Die Reviews der IMDB sprechen eine klare Sprache:
All I can say about this finale is that it was complete and utter trash. Bringing in Troi and Riker was a mistake of monumental proportions. Not to mention having two "ledgends" on the show stole the thunder from the cast of the Enterprise.
I have heard that Jolene ( T'Pol ) has stated that the final episode of Enterprise is "total crap" and that she was embarrassed to be a part of it, this is an opinion that is shared by both Scott Bakula and Connor Trinneer.
Personally I think Braga's comment about this episode as being a " Valentine to the fans" is total B.S. and he can shove his Valentine where the sun don't shine.
In a word... SHAMEFUL!!!!
Gesamteindruck
Enterprise ist die einzige Star Trek-Serie, die sich derartig uneinheitlich anfühlt. Die ersten zwei Staffeln sind häufig in ihrer Banalität derart ausgeprägt, dass ich sie schwer schauen konnte. Staffel 3 dreht alles, sorgt aber auch häufiger für ein "out of character"-Gefühl bei Captain Archer. Staffel 4 zeigt, was im Rahmen der festgelegten Star Trek-Vorgeschichte möglich gewesen wäre. Da hätte ich gerne mehr von gesehen.
Die Darsteller finde ich solide gewählt: Phlox, Tucker, T'Pol und Reed spielen gut (für die Details sollte man Enterprise allerdings auf Englisch schauen) und auch Hoshi als Nebencharakter konnte mit der Zeit überzeugen. Archer bleibt dagegen seltsam blass und setzt wenige eigene Akzente. Nicht einmal eine durchgängige moralische Linie lässt sich erkennen, da der Xindi-Plot hier verfärbt. Dass die Mirror Universe-Folgen so blass bleiben liegt hauptsächlich daran, dass die moralischen Unterschiede des ISS-Captains im Vergleich zum "normalen" Captain zu Xindi-Zeiten gering ausfällt. Hoshi und Phlox können dagegen im Mirror Universe punkten und ihren Charakter gut drehen.
Honorable Mention: Shran ist fantastisch!