Mittwoch und Donnerstag: Bildung
Am Mittwoch begann unsere Bildungsreise: Wir liefen zur Universität und besichtigten sie. Wie vieles in Havanna ist sie ein großer klassischer Bau, vor dem die technische Universität Berlins vor Scham im Boden versinken möchte. Inmitten kleiner Grünanlagen Können die Studenten lernen, entspannen und an aufgestellten Telefonen telefonieren. Nebenan befindet sich das Stadion und viele Schüler arbeiten an Laptops oder Netbooks. Wer wie ich bei Sozialismus an die DDR mit ihren braunen Radiergummis denkt wird hier eines besseren belehrt.
Anschließend machten wir aus unklaren Gründen einen Abstecher in das Habana Libre Hotel, durften aus dem 20. Stock blicken und bekamen vom Hotelpersonal noch ein belegtes und verschmutztes Zimmer zu sehen. Auch das bleibt mir unklar.
Mittags besuchten wir eine der beiden Peso-Pizzerien in der Nähe unserer Unterkünfte. Während in der einen westliche Musik lief spielte die andere das lokale TV-Programm ab: Zumeist Home Video-Shows, DSDS-Varianten oder Pokemon. Unsere Vermieterin hatte den großen Flachbildfernseher also nicht ohne Grund mit den Worten, das TV-Programm wäre schlecht, vorgestellt. Der "Spiele"-Anteil aus "Brot und Spiele" ist damit schon einmal erledigt. Auch sonstige Medien sind in Kuba kaum präsent: Es gibt kein Datenfunknetz und in der Regel auch kein kabelgebundenes Internet, sowie an Zeitungen offenbar nur eine vom Staat heraus gegebenene sozialistische Zeitung. Auch Kioske sind mir nicht aufgefallen.
Nachmittags und Abends stand unser "Bergfest" auf dem Programm: Zunächst ein Einkauf auf dem Markt, anschließend ein gemeinsames Kochen mit einem kubanischen Koch. Da nur noch Papayas und etwas Wasser fehlten kürzten wir den Marktbesuch ab und kaufen um die Ecke das Obst. Anschließend ging es an das Kochen, was sich als unerwartet kompliziert heraus stellte: Wir waren eine sowohl vom Alter als auch den Spanischkenntnissen her sehr heterogene Gruppe und hatten arge Probleme damit, die Anweisungen vom Koch zu verstehen. Dieser war wiederum mit der Betreuung einer derart großen Gruppe überfordert, wurde immer fahriger und war auch nicht gewillt, seinen Dialekt und seine Sprachgeschwindigkeit etwas zu reduzieren. Da auch unsere besten Spanischschüler ihn nicht verstehen konnten scheint es immerhin nicht komplett an unserer Unfähigkeit gelegen zu haben. Am Ende klappte dann aber alles und wir konnten unser Fischgericht zusammen mit Rum, Mango-Dicksaft und einer sympathischen kleinen Band genießen.
Am Donnerstag haben wir eine Schule besucht. Dabei dürfte es sich um die merkwürdigste Aktion dieser Reise gehandelt haben. Als "reiche Deutsche" sind wir mit GlasperlenSchulmaterialien (Stiften, Geodreiecken usw.) eingereist, um diese einer Schule spenden zu können. Anstelle die Geschenke abzugeben und sich die Schule anzuschauen wurden wir von einer grimmigen Direktorin in einen Klassenraum gesteckt und haben die Geschenke verteilt. Dann wurden sie den Kindern wieder weg genommen und es ging in den nächsten Raum, wo wir dann in vor der Klasse standen, die Kinder fragen stellen durften und dann das Alphabet aufsagen sollten. Die Szene war für mich sehr irritierend, weil hier beide Seiten vorgeführt wurden. Wir wurden als reiche Ausländer mit Geschenken präsentiert und die Kinder mussten ihrerseits vorführen, was sie konnten. Immerhin: Der Direktorin wurde irgendwann klar, dass wir wirklich interessiert waren, etwas über den Schulalltag zu erfahren, taute irgendwann auf und wurde herzlicher. Dennoch hat das alles einen unangenehmen Beigeschmack.
Anschließend stand eine Schnitzeljagd auf dem Programm: Vier Gruppen sollten in Havanna herum reisen und fragen beantworten und dabei zwangsweise auch mit Kubanern sprechen, die ja außerhalb der Touristenbereiche extrem freundlich und hilfsbereit sind und gerne auch Englisch sprechen. Ich vermute, dass die Ziele der Schnitzeljagd am Stadtplan herausgepickt wurden und nicht unbedingt von Ortskenntnis geprägt waren. Die erste Aufgabe war z.B. das Ermitteln der Anzahl von Türmchen einer Festung. Die Festung war allerdings dummerweise früher ein Gefängnis und ist auch heute noch ein gesperrter Militärbereich. Wir versuchten zunächst, den kreisrunden Weg um die Festung entlang zu gehen, als uns ein Kubaner abfing und uns freundlich erklärte, um welche Anlage es sich hier eigentlich handelt. Die Türmchen-Frage klärten wir dann im Gespräch mit dem militärischen Wachtposten. Wir scheinen ihn allerdings so sehr genervt zu haben, dass er den anderen drei Gruppen später keine Antwort mehr gegeben hat.
Als letzte Spielposition landeten wir in einer Brauerei direkt in der Touristenzone der Altstadt, wo es für günstige 3 CUC eine Mojito-Bier-Kombination gab, die fantastisch schmeckt.
Abends ging es in das Somavilla, ein gutes Restaurant mit fantastischer Paella und etwas anstrengender musikalischer Begleitung, die nirgendwo an meinem Musikgeschmack andocken konnte. Die Preise waren für europäische Verhältnisse niedrig, als Kubaner wird man hier allerdings eher selten verkehren können (dazu später mehr).