Neun Jahre hat mein Kindle Paperwhite bislang überlebt. Er scheint unkaputtbar zu sein. Wie ein altes Nokia-Handy. Selbst ein Sandbad im Strandbad wischte er nur lächelnd beiseite. Und trotz aller Luxusprobleme, die ich seit Tag 1 mit ihm hatte, konnte ich ihn bislang nicht ersetzen. Er war ja noch gut! Und Amazon bot nichts wesentlich Besseres an – zumal Neugeräte mit Micro-USB-Anschluss hier nicht mehr rein gelassen werden. 2021 war es nun soweit: Amazon hat mit der Konkurrenz aufgeholt und der alte Paperwhite darf nun als Backup-Gerät in Rente gehen.
Hier einige Eindrücke von einem, der vom 2012-Paperwhite zum 2021 wechselt.
Aufladen
Womit wir gleich beim offensichtlichstem Unterschied angekommen sind: Amazon hat endlich Micro-USB verworfen und unterstützt USB-C und kabelloses Laden. Es genügt, den Kindle auf die Ladeschale zu werfen und er trinkt. Sehr gut.
Inbetriebnahme & Migration
Bereits bei früheren Kindle-Wechseln war die Migration der Inhalte ein schmerzhafter, manueller Weg und in den letzten 9 Jahren hat sich hier wenig verändert: Das neue Gerät kann mit der Kindle-Smartphone-App vorkonfiguriert werden und ins WLAN eingebunden werden, anschließend steht man allerdings vor einem leeren Gerät.
Wer gewohnt ist, sein neues Smartphone einfach neben sein altes legen zu können, um anschließend alles auf dem neuen Smartphone vorzufinden, weint hier leise. Glücklicherweise ist der neue Kindle wasserfest.
Der "einfache" Weg:
- Den neuen Kindle zum Standardgerät konfigurieren
- Am Rechner auf die Inhaltsseite wechseln
- Durch den alten Kindle blättern und über die Suche auf der Inhaltsseite den gewünschten Inhalt finden und an das Standardgerät senden.
Uhrzeit
Ich finde keine Einstellung der Uhrzeit und vermute, dass der Kindle sich diese nun automatisch per WLAN holt. Manuelle Sommerzeit/Winterzeit-Umstellungen dürften somit der Vergangenheit angehören.
Buchserien
In den letzten Jahren hat Amazon damit begonnen, Buchserien im Store zusammen zu führen und zu nummerieren. Der Kindle berücksichtigt dies und erstellt, sofern man mehrere Bücher einer Serie auf dem Gerät hat, automatisch eine Sammlung, die auch nach Serienreihenfolge sortiert werden kann.
Kindle Unlimited: Buchrückgabe
Ausgeliehene Kindle Unlimited-Bücher können direkt am Gerät zurückgegeben werden.
Schriftarten
Blocksatz
Der Blocksatz kann abgeschaltet werden.
Themen
Der neue Kindle unterstützt verschiedenen "Themen" für Schriftarten. Man kann sich mehrere Wunscheinstellungen als Thema abspeichern und schnell zwischen diesen Themen wechseln.
Themen speichern zwei Schriftarten ab
Eine Besonderheit bei Themen ist die Verlegerschriftart. Manche Bücher kommen mit einer eigenen Schriftart, in die man manuell wechseln muss. Es gibt allerdings auch eine Möglichkeit, mit der das Gerät automatisch die Verlegerschrift aktiviert, sofern das Buch eine solche enthält:
- Konfiguration und Speicherung des Themas mit der Wunsch-Schriftart, in der man üblicherweise lesen möchte
- Wechsel in die Verlegerschriftart
- Speicherung (Aktualisierung) des Themas
Der Kindle wird nun bei allen Büchern mit Verlegerschriftart diese auswählen und bei allen Büchern ohne Verlegerschrift eure Wunsch-Schriftart.
Verwendung eigener Schriftarten
Das Thema ist eigentlich ein alter Hut: Bereits mein alter Paperwhite konnte dies, Amazon hat allerdings vor Jahren in einem Update diese Unterstützung entfernt. In neuen Kindle-Betriebssystemen funktioniert es wieder und ich kann endlich wieder in Overlock und Poly lesen.
Buch-Cover
Im Standby zeigt der Kindle nicht mehr eine Zeichnung an, sondern das Cover des Buches, welches ihr gerade lest.
Display & Beleuchtung
Beleuchtung abschalten
Niedrigste Beleuchtungsstufe bedeutet nun: Aus. Im alten Paperwhite konnte man die Beleuchtung nicht abschalten.
Farbe
Die Farbe der Beleuchtung kann eingestellt werden. Der alte Paperwhite war mir immer zu blauweiß gewesen und damit sehr weit von dem entfernt, was er doch eigentlich imitieren wollte: Ein Buch. Auf dem neuen Paperwhite verwende ich die Farbtemperatur 18 und das fühlt sich schon deutlich mehr nach einem Buch an (siehe Foto oben).
Wunder darf man aber nicht erwarten: Bei Tageslicht überstrahlt das Umgebungslicht die Einfärbungswirkung des eingebauten Lichts. Es kommt dann das eInk-typische Gefühl der hellgrauen Zeitung zum Vorschein. In Innenräumen wirkt der Kindle allerdings auch bei geringer eigener Beleuchtungsintensität angenehm gelblich.
Automatische Helligkeit
Man mag es oder hasst es. Noch befinde ich mich zwischen beiden Zuständen. Meine Standard-Helligkeit ist 8. Halte ich eine Lampe direkt auf den Kindle, so erhöht dieser die Helligkeit auf 17, entferne ich den Kindle geht die Helligkeit wieder auf 8 zurück. Das wirkt zumindest nicht störend, aber ist es hilfreich? Je mehr Licht der Kindle abbekommt, desto weniger erforderlich ist seine eigene Beleuchtung. Deshalb verwendet man eigentlich eInk…
Geschwindigkeit
Die eInk-Geschwindkeit ist mittlerweile auf einem beeindruckenden Niveau angekommen. Niemals fühlt sich das Gerät besonders träge an. Auch beim Umblättern habe ich nicht mehr den Eindruck, auf das Gerät warten zu müssen, auch wenn auf der folgenden Seite kein Text, sondern eine große Grafik enthalten ist. Es ist einfach schnell.
Artefakte
Auf dem alten Paperwhite aktivierte ich den Screen-Refresh bei jedem Umblättern. Es wurde also erst kurz schwarz, dann wieder weiß. Dies hat Artefakte (hängen gebliebene schwarze Elemente) der Buchstaben der vorherigen Seite entfernt. Auf dem neuen Kindle scheint dies nicht mehr erforderlich zu sein: Ich bemerke kaum Artefakte beim Lesen bzw. sind diese so klein und fein, dass sie mir nur auffallen, wenn ich bewusst nach ihnen suche.
Auflösung
Mit 300ppi ist der Kindle an einem Punkt angekommen, in dem auch bei Grafiken mit schrägen Linien keine Pixeltreppen mehr sichtbar sein.
Fazit
Die Updates der letzten Jahre konnten mich nie begeistern: Hier etwas mehr Kontrast, dort etwas mehr von mir eh nicht genutzte Helligkeit. Einzig der Oasis wirkte mit seinem "Griff" auf der Rückseite interessant, kam aber mit Micro-USB daher. Mit dem 2021-Portfolio der Paperwhites liefert Amazon nun endlich, mit mehrjähriger Verspätung, einen würdevollen Nachfolger für betagte Paperwhites.