Ritualisierte Demos finde ich anstregend und heute sind die meisten Demonstrationen ritualisiert. Die Freiheit statt Angst war da eine sehr angenehme Ausnahme und der Piraten-Love Parade-Wagen hat sich wie kaum ein anderes Demo-Ereignis in mein Gedächtnis eingebrannt:
Aber die Freiheit statt Angst ist lange her, die Piraten ziemlich tot und alljährlich zieht die Wir haben es satt-Demonstration durch Berlin, die mehr Leute mitreißt als die FsA und zudem auch von den Medien berücksichtigt wird. Dieses Mal ging es vom Potsdamer Platz über die Friedrichstraße und Unter den Linden entlang. Angeführt von einer Traktoren-Reihe folgten Wagen, Demonstranten und viel Kunst.
Als ich am Potsdamer Platz aus der S-Bahn kroch begegnete mir allerdings erst einmal alles, was mich an Ritual-Demonstrationen nervt:
- Miserable Akustik
- Redner, die über ihre Sätze stolpern
- Alternativ Redner, die mich die ganze Zeit röhrend anbrüllen
- Ein Meer von Partei- und Aktivistenflaggen
- Trillerpfeifen
- Trommelgruppen
Seufz.
Wenn ich von der Bühne angebrüllt werde setzt mein Hirn ja immer sofort aus.
Was vor etlichen Jahren die orangenen Piratenflaggen waren sind nun die lila Campact-Flaggen:
Also erst einmal die Suppe gesucht und etwas versteckt hinter dem S-Bahn-Eingang gefunden: "Protestsuppe" stand da und die Bitte um zwei Euro Spenden. Mehr nicht. Keine Informationen darauf, dass hier Freiwillige fünf Stunden lang geschnippelt haben oder dass das hier Gemüse ist, was die Bauern normalerweise wegwerfen würden. Nein, nur: "Protestsuppe". Ich bin enttäuscht. Aber: Lecker war sie 😉.
Nach einer Stunde Bühnengebrülle und Herumgehupe von Traktoren (liebe Bauern, habt ihr ne Meise direkt neben Hunderten von Menschen ständig die Hupe zu drücken??!) ging es dann los.
"Hopp, hopp, hopp - Agrarfabriken stopp!"
Da waren sie wieder, die 70er mit ihren Reim-dich-Parolen. "Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Freiheit klaut" der FsA war dagegen ja geradezu ein Meisterwerk an Modernität.
Ich bin Vorne mitgelaufen. Wenn ich schon genervt bin, dann nutze ich die Zeit doch lieber produktiv und schaue mir an, wie die Presse Domonstrationsfotos erstellt. Das ist ziemlich putzig und auch ziemlich gestellt. Vom Erklettern von Baugerüsten über das schnelle Abstellen des Stativs - schießen, schnell weggehen - bis hin zu konkreten Anweisungen an die vorderste Demonstrationsreihe ist alles dabei.
Anschließend schnell in die S-Bahn und wieder nach Hause. Die Presse berichtete später in gewohntem Maße: